Verabschiedung von Herwig Spitzer
- Oldenburg | 28. September 2018
Schlusspfiff nach 61 Jahren
- Herwig Spitzer gibt Betreuung des OLB-Betriebssports ab
- Ausstand in der Woche des 83. Geburtstags
Eigentlich wollte er doch nur die Fußballmannschaft der Oldenburgische Landesbank AG (OLB) am Leben erhalten, die erst kurz zuvor entstanden war. Deshalb übernahm Herwig Spitzer die Betreuung des OLB-Betriebssports – vor 61 Jahren. Dann wurde es für ihn zu einer Art Lebensaufgabe, die er jetzt, in der Woche seines 83. Geburtstags am 28. Septem-ber, in jüngere Hände übergibt. Im von ihm gewünscht kleinen Kreis hat die Bank die „lebende Betriebssportlegende“, wie es Vorstandsmitglied Hilger Koenig in einem persönlichen Dankesschreiben formuliert hat, nun offiziell verabschiedet.
Nach einer durch die Kriegswirren geprägten Kindheit waren es der Fußball und die Liebe, die dafür sorgten, dass Herwig Spitzer in Oldenburg seine Heimat und Bestimmung fand. In Polen zur Welt gekommen, musste er als 13-Jähriger elternlos sein Geburtsland verlassen und landete wegen seines Stiefvaters in der Huntestadt; der Stiefvater allerdings wanderte fast zeitgleich nach Kanada aus, Herwig Spitzer kam in ein Kinderheim. Als 15-Jähriger be-sorgte er sich auf eigene Faust eine Lehrstelle als Herrenschneider, später lotste ihn ein Freund in eine Textilfabrik im nordrhein-westfälischen Altena. Die Hosen der Enkel kürzt er heute noch, aber die Arbeit in der Fabrik war damals nicht das Richtige für ihn. Und so nahm das Schicksal Herwig Spitzers Leben ein weiteres Mal in die Hand: Sein Fußballtrainer vom VfL Oldenburg, Günther Hufnagel, riet ihm, nach Oldenburg zurückzukommen, zudem machte er sich stark für ihn beim eigenen Arbeitgeber, der OLB, wo eine Stelle in der Expedition frei war; „und ich hatte in Oldenburg ja auch ein kleines Mädchen kennengelernt“, blickt Herwig Spitzer heute verschmitzt zurück. Den Job bei der OLB bekam er 1956, bald darauf übernahm er die Materialverwaltung mit dem immensen Lager im Haus an der Rosenstraße. Parallel spielte er als Verteidiger Fußball in der neu gegründeten OLB-Betriebsmannschaft. Und das kleine Mädchen hat er geheiratet. Die Ehe mit seiner Frau Christa besteht seit nunmehr 61 Jahren, genauso lange wie Herwig Spitzer den OLB-Betriebssport betreut.
„Sie wollen mehr Kollegen für den Sport begeistern? Und wenn die sich verletzen? Und Sie wollen, dass die Bank die Trikots bezahlt?“ – Fragen wie diese, hörte Herwig Spitzer zuhauf, als sich die Unterstützung des Betriebssports anfangs in Grenzen hielt. „Mit der Politik der kleinen Schritte bin ich hierbei immer weiter voran gekommen“, sagt er. Einen ersten Durch-bruch erlebte der Betriebssport als sich 1969 inklusive der OLB zehn Unternehmen zusam-mentaten und den Betriebssportverband Oldenburg gründeten, für den sich Herwig Spitzer 30 Jahre lang als stellvertretender Vorsitzender engagierte. Über die Jahre kamen in der Bank immer mehr Sportarten hinzu: erst Tischtennis, Kegeln und Laufen, später auch Boßeln und Golf, heute erweitern Wakeboard, Yoga und Zumba das Angebot. „Singen und Stricken hatten wir auch mal nebenher, das hat sich aber nicht durchgesetzt“, sagt Herwig Spitzer.
Den sportlichen Höhepunkt seiner Wirkungszeit sieht er im Jahr 1988: Erstmals konnte die OLB-Fußballmannschaft an der deutschlandweiten Dresdner-Bank-Meisterschaft teilnehmen, die im K.O.-System ausgespielt wurde. Schon der Auftaktsieg nach Elfmeterschießen in München galt als Sensation. Und als die OLB ein paar Spiele später sogar im Finale stand, gab es gar kein Halten mehr. Nachts um vier Uhr war der damalige Vorstand Dr. Hubert Forch mit einigen Kollegen aus Oldenburg aufgebrochen, um zum Anpfiff um neun Uhr in Wiesbaden an der Seitenlinie anzufeuern. Mit dem 1:0-Sieg im Finale gegen Dortmund holten sich die OLB-Kicker tatsächlich die Deutsche Dresdner-Bank-Meisterschaft – „das löste hier eine Welle der Begeisterung aus, ab da hatten wir als Betriebssport fast freien Lauf“, sagt Herwig Spitzer. Und es läuft gut: Pokale und Bilder vieler Erfolge, etliche Urkunden und Wimpel zieren nicht nur das kleine Büro des Betriebssports, sondern auch eine Vitrine im Dienstleistungszentrum auf dem OLB-Campus in Oldenburg.
Seit zwei Operationen in den späten 1980er Jahren musste Herwig Spitzer sein eigenes Sporttreiben etwas konzentrierter dosieren und aus demselben Grund 1991 auch seine Be-rufstätigkeit frühzeitig beenden. Auf die seinerzeitige Frage, wer denn dann den OLB-Betriebssport betreuen solle, hatte er eine klare Antwort: „Das kann ich vorübergehend ma-chen.“ Also kümmerte er sich nach wie vor und bot in der OLB jeden Mittwoch eine Betriebs-sportsprechstunde an. Aus „vorübergehend“ wurden 27 weitere Jahre – nun geht es vorüber. Spitzers Kompagnon Lothar Broweleit, selber auch schon lange dabei, und eine noch zu benennende Neubesetzung kümmern sich künftig um das Metier. Obwohl die jüngeren heut-zutage stärker zu anderen Freizeitbeschäftigungen tendieren, bleibt der Bedarf vorhanden. Mit temporären Schwankungen zählt die OLB-Betriebssportgemeinschaft 600 bis 700 Teil-nehmer über alle Sportarten, im Durchschnitt ist rund jeder vierte Mitarbeiter der Bank als Mitglied dabei.
Herwig Spitzer verhelfen Gymnastik, Haus und Garten immer noch zu reichlich Agilität. Ge-nau so will er auch weitermachen und die gewonnene Zeit seiner Frau Christa widmen, aus Liebe sowieso und aus Dankbarkeit für die jahrzehntelange Toleranz und Unterstützung seiner ehrenamtlichen Arbeit. Weiter ungebremst wirbt er dafür, dass der Betriebssport eine wichtige Einrichtung ist. „Der Betriebssport ist eine ideale Gelegenheit, dass sich Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Bereichen und über alle Ebenen hinweg kennenlernen, gemeinsam sinnvoll Spaß haben und damit einen guten Ausgleich zu ihrer beruflichen Tätig-keit schaffen“, sagt Herwig Spitzer. Und mit besonderem Stolz registriert er, dass es neben der Mehrzahl an aktiven auch zahlreiche passive Mitglieder gibt, die selbst keiner Sportgruppe angeschlossen sind, sondern mit ihrem Jahresbeitrag in Höhe von 21 Euro die OLB-Gemeinschaft unterstützen: „Das ist ein schönes Zeichen dafür, dass die Sache, die wir hier machen, irgendwie gut angekommen ist.“