dpa-AFX: ROUNDUP: Deutsche Flug-Passagiere müssen mehr bezahlen
KÖLN/FRANKFURT (dpa-AFX) - Wer in diesem Sommer von einem deutschen
Flughafen fliegen will, muss in der Regel tiefer in die Tasche greifen. Selbst
bei den sogenannten Billigfliegern sind die Tickets teils deutlich teurer
geworden, wie aus einer Studie des deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR) hervorgeht. Gründe für die hohen Preise sind ein weiterhin knappes
Flugangebot sowie hohe Gebühren und Steuern.
Von Einstiegspreisen wie 9,90 Euro oder 19,90 Euro sind die vier wichtigsten
Direktfluggesellschaften weit entfernt, berichtet DLR-Forscher Peter Berster.
Für ein One-Way-Ticket ohne Gepäck nehmen sie im Schnitt zwischen knapp 67 Euro
(Wizz Air) und 130 Euro (Eurowings).
Eine Airline senkt die Preise
Vor einem Jahr reichte die Spanne von 66 bis 110 Euro. Billigster Anbieter
war damals Ryanair . Bei den Iren stieg der durchschnittliche
Ticketpreis nun innerhalb eines Jahres von 66 auf rund 80 Euro. Die Lufthansa
-Tochter Eurowings verlangt im Schnitt 130 statt 110 Euro für den
einfachen Flug und bleibt damit der teuerste, aber gleichzeitig auch größte
Anbieter. Easyjet landet mit einer geringen Steigerung von 84 auf
86 Euro erneut im Mittelfeld. Die vor allem auf Osteuropa spezialisierte Wizz
Air senkte als einzige Airline ihren Durchschnittspreis von 94 auf 67 Euro.
Hohe Steuern und Gebühren
Deutsche Flughäfen gehören bei den staatlichen Steuern und Gebühren zu den
teuersten in Europa, hat unlängst der ADAC bei der Analyse von 120 Kurzstrecken
festgestellt. Teurer als in Frankfurt (58,60 Euro pro Passagier) und München
(49,06 Euro) war es demnach nur in Amsterdam. Selbst Hannover war mit 42,13 Euro
noch ein teureres Pflaster als die internationale Drehscheibe London-Heathrow
(41,22 Euro). Vergleichsweise günstig fielen die Abgaben hingegen in
Berlin-Brandenburg mit 22,23 Euro aus.
Angebot verknappt
Gute fünf Jahre nach dem Ausbruch der Covid-Pandemie hat sich der deutsche
Luftverkehr immer noch nicht vollständig von dem Schock erholt. Der Flugplan bis
einschließlich November zeigt im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2019
ein Sitzplatzangebot von 93 Prozent, wie der Branchenverband BDL berichtet. In
den übrigen europäischen Ländern übertrifft das Angebot die damaligen Werte
längst um 10 Prozent.
Der deutsche Markt hinkt also deutlich hinterher, weil vor allem die
Billigflieger einen weiten Bogen um die teuren Flughäfen machen. Das Angebot der
Low Coster liegt laut BDL in Deutschland bei 85 Prozent des Vorkrisenniveaus, im
übrigen Europa sind es 133 Prozent. Der Verband fordert die Rücknahme der
Luftverkehrssteuer und eine Beteiligung des Bundes an den Luftsicherheitskosten.
Ryanair kann anderswo mehr verdienen
Der Branchenriese Ryanair ist nach Corona stark gewachsen, hat im
vergangenen Jahr mit mehr als 200 Millionen Passagieren so viele Menschen durch
Europa geflogen wie keine andere Gesellschaft. An deutschen Flughäfen wie
Hamburg oder Berlin wurde hingegen das Angebot gekürzt. "Ich kann nicht mehr
Flugzeuge in Deutschland stationieren, wenn sie im Rest Europas bessere Renditen
einfliegen", sagt Airline-Chef Eddie Wilson der "Frankfurter Allgemeinen
Zeitung".
Die Iren wie auch die Konkurrenz Easyjet oder Wizz Air setzen ihre Flugzeuge
in Märkten mit geringeren Eingangskosten ein, weil sie dort schneller ihre
Gewinnschwelle erreichen. Die Lücken im deutschen Markt schließt meist
Eurowings, die mit höheren Preisen auch im laufenden Jahr profitabel unterwegs
ist.
Dem deutschen Staat bietet Wilson schon seit einiger Zeit einen Deal an:
Ryanair könne seine in Deutschland stationierte Flotte schnell auf 60 Flugzeuge
verdoppeln, wenn auf der anderen Seite die Kosten sinken. Die Luftverkehrssteuer
müsse abgeschafft und diverse Gebühren gesenkt werden, verlangt der Airline-Chef
nun auch von der neuen Bundesregierung.
Ein Ticket kostet 500 Euro
Für die DLR-Studie wurden am Stichtag 11. März 2025 eine Vielzahl von
europäischen Verbindungen mit vier unterschiedlichen Vorausbuchungsfristen
zwischen einem Tag und drei Monaten ausgewertet. Kurzfristig gebuchte Tickets
sind in der Regel am teuersten. Sie kosteten einen Tag vor dem Abflug
durchschnittlich zwischen 119 (Wizz Air) und 169 Euro (Eurowings). Mit einer
Buchungsfrist von drei Monaten betragen die durchschnittlichen Preise 46 Euro
(Ryanair) bis 90 Euro (Eurowings).
Den höchsten Ticket-Einzelpreis von 499,99 Euro entdeckten die DLR-Forscher
bei Eurowings für einen Flug von Düsseldorf nach Stockholm mit einer
Vorbuchungsfrist von einer Woche. Der gleiche Flug am nächsten Tag sollte
hingegen nur 199,99 Euro kosten.
Der ideale Zeitpunkt zum Buchen
Das belegt die ADAC-Aussage, dass es den idealen Buchungszeitpunkt nicht
gibt. Tendenziell seien zwar frühere Buchungen kostengünstiger. Wegen der
dynamischen Preisgestaltung der Airlines kann der Preis im Vorfeld eines Fluges
aber auch noch sinken, um die Nachfrage anzukurbeln. Bestimmte Wochentage mit
Bestpreis-Garantie gibt es nicht./ceb/DP/stk