dpa-AFX: KORREKTUR/ROUNDUP 2: Volkswagen trennt sich von Personalvorstand Gunnar Kilian
(Der 2. Satz im 3. Absatz wurde berichtigt. In einer früheren Version des
Artikels hieß es, die Entscheidung fiel wenige Monate vor dem regulären Ende von
Kilians Vertrag. Tatsächlich wäre der Vertrag noch bis Ende 2026 gelaufen, und
eine Verlängerung hätte demnächst zur Sprache kommen können.)
WOLFSBURG (dpa-AFX) - Kurz vor dem großen Werksurlaub präsentiert Volkswagen
noch einen echten Personalhammer: Der Konzern trennt sich mit
sofortiger Wirkung von Personalvorstand Gunnar Kilian, der während seiner
Amtszeit maßgeblich den Abbau von zehntausenden Arbeitsplätzen verantwortete.
Dies beschloss der VW -Aufsichtsrat am Freitag einstimmig.
Die Trennung von Kilian erfolgt in einer herausfordernden Phase für VW. Das
Unternehmen hatte sich mit der Arbeitnehmervertretung auf ein Sanierungsprogramm
geeinigt, das bis 2030 einen Abbau von fast einem Viertel der deutschen Stellen
vorsieht - ohne betriebsbedingte Kündigungen, vor allem durch Vorruhestand und
freiwillige Abfindungen.
Dem Vernehmen nach hatte Kilian das Vertrauen der Arbeitnehmer- und die
Rückendeckung der Arbeitgeberseite verloren. Sein Vertrag wäre Ende 2026
ausgelaufen, eine Verlängerung hätte demnächst zur Sprache kommen können.
Betriebsrat sieht grundlegende Differenzen
Aus Sicht der Arbeitnehmer fehlte dem 50-Jährigen der notwendige Rückhalt,
um eine Vertragsverlängerung zu erreichen. In einer internen Mitteilung des
Betriebsrats ist von "grundsätzliche Differenzen bei zentralen Themen des
Konzerns" die Rede. Die Konzernbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo sagte:
"In den vergangenen Monaten gab es mehrere Anlässe, die den gemeinsamen Blick
nach vorne erschwerten."
Als zentrales Beispiel nannte sie, dass Kilians Name immer mit dem
Aufkündigen der Tariffamilie im vergangenen Jahr verbunden werde. "Wir haben das
damals nicht ohne Grund einen historischen Tabubruch genannt."
Karriere und Verantwortung
Gunnar Kilian ist seit 2000 bei Volkswagen. Nach Stationen im
Konzernbetriebsrat übernahm er 2018 das Amt des Arbeitsdirektors im
Konzernvorstand und führte ab 2020 zusätzlich den Bereich Nutzfahrzeuge
("Trucks"). Kilian galt als einer der jüngsten Dax -Vorstände und
war konzernweit vernetzt.
Seine Amtszeit war geprägt von großen Herausforderungen: ob die Dieselkrise,
die digitale Transformation oder die Corona-Pandemie. Zudem spielte er eine
Schlüsselrolle bei Tarifverhandlungen und Mitbestimmungsfragen.
Persönliche Worte von Kilian
In einer Stellungnahme im Portal "LinkedIn" blickt Kilian dankbar auf über
20 Jahre beim Konzern zurück. "Was am Ende bleibt, ist Dankbarkeit", schreibt
er. Besonders hebt er die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen sowie den
Einsatz in Krisenzeiten hervor. Zum Abschied wünscht er dem Unternehmen alles
Gute und betont: "Volkswagen wird immer ein Teil von mir bleiben."
Übergang und Nachfolgesuche
Bis zur endgültigen Klärung der Nachfolge übernimmt VW-Markenchef Thomas
Schäfer interimistisch die Leitung des Personalressorts im Konzernvorstand und
die Funktion des Arbeitsdirektors. Wie es aus Konzernkreisen heißt, wird aber
eher Arne Meiswinkel das Operative umsetzen. Der Personalvorstand der Marke
Volkswagen Pkw, in die erweiterte Konzernleitung aufgenommen und übernimmt die
Zuständigkeit für den Bereich Personal.
Die Suche nach einem dauerhaften Nachfolger ist bereits angelaufen.
Traditionell liegt die Initiative für Vorschläge zur Besetzung dieser
Schlüsselposition bei der Arbeitnehmerseite, wie Cavallo sagte.
Personeller Neuanfang gefordert
Die Konzernbetriebsratschefin würdigte Kilian als herausragenden Diplomaten,
der in oftmals turbulenten Zeiten zwischen den verschiedenen Interessenlagen
vermittelt habe. Sein Einsatz habe regelmäßig den Ausschlag für tragfähige
Kompromisse gegeben, sagte Cavallo.
Dennoch betonte sie: "Mit Blick auf die Funktion des Arbeitsdirektors ist es
nun an der Zeit für einen personellen Neuanfang." Sie zeigte sich überzeugt,
dass die Übergangslösung mit Schäfer und Meiswinkel tragfähig sei und die
tägliche Arbeit gut fortgeführt werde.
Ministerpräsident Lies: "Kilian wird fehlen"
Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD), dessen Land 20 Prozent der
VW-Stimmrechte hält und der im Aufsichtsrat vertreten ist, äußerte sein Bedauern
über das Ende von Kilians Amtszeit. "Ich bedaure sehr, dass die Zeit von Gunnar
Kilian als Personalvorstand jetzt zu Ende geht", sagte Lies. Er lobte Kilian als
"klugen und hochgeschätzten Strategen", der stets "umsichtig und im Sinne des
Konzerns und seiner Belegschaft" gehandelt habe.
Besonders würdigte Lies Kilians Beitrag zur Beilegung der
Tarifauseinandersetzungen im vergangenen Winter und zeigte Verständnis für die
Gründe der Auflösungsvereinbarung. "Klar ist aber: Gunnar Kilian wird fehlen."
Personalwechsel im Zeichen von Transformation
Der Arbeitsdirektor nimmt traditionell eine Schlüsselrolle als Bindeglied
zwischen Vorstand und Arbeitnehmern ein und hat eine starke vermittelnde
Funktion.
Der Betriebsrat bewertet die Übergangslösung als stabil und betont, dass die
Mitbestimmung weiterhin eine große Bedeutung hat. Die Suche nach einem
Nachfolger für das Personalressort konzentriert sich auf eine Persönlichkeit,
die Transformation und Aufbruch verkörpert.
Während VW am Konzernhauptsitz in Wolfsburg in den kommenden Wochen in den
Werksurlaub geht, bleibt offen, wie sich der personelle Neuanfang auf den
weiteren Kurs des Konzerns auswirken wird./bch/DP/jha