dpa-AFX: ROUNDUP 2: Milliardenverlust bei der Baywa - Sanierungsplan unverändert
(neu: mehr Details und Hintergrund)
MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der angeschlagene Mischkonzern Baywa erwartet für das vergangene Jahr einen Verlust von 1,6 Milliarden Euro. Die bis
Ende 2028 geplante Sanierung soll aber nicht gefährdet sein, wie das für
Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung vor allem im Süden und Osten
Deutschlands wichtige Münchner Unternehmen in einer Pflichtmitteilung für die
Börse mitteilte.
Die aus der Genossenschaftsbewegung hervorgegangene Baywa hat in ihrer
102-jährigen Geschichte zuvor überhaupt erst einmal einen Jahresverlust
gemeldet, nämlich 2023. Vor zwei Jahren fiel ein Minus von rund 93 Millionen
Euro an, der nunmehr innerhalb eines Jahres um etwa das Sechzehnfache in die
Höhe geschossen ist.
Maßgeblicher Grund ist jedoch offenkundig nicht, dass das operative Geschäft
so schlecht gelaufen wäre. Hauptursache sind demnach Abschreibungen auf
Buchwerte in der Bilanz, vor allem bei der im Ökostromgeschäft tätigen Tochter
Baywa r.e.
Finanzierung bis 2028 soll nicht leiden
Das Milliardenminus und der damit verbundene Verlust an Eigenkapital treffen
den Vorstand jedoch nach dessen Bekundungen nicht unerwartet: Dieser bewegt sich
der Ad-hoc-Meldung zufolge innerhalb der Erwartungen des Sanierungskonzepts "und
hat folglich keine Auswirkungen auf dessen Umsetzung oder auf die positive
Fortführungsprognose gemäß dem Sanierungsgutachten". Auch die kürzlich
vereinbarte Sanierungsfinanzierung bis 2028 sowie eine geplante Kapitalerhöhung
sind demnach unberührt.
Der Rettungsplan für die Baywa sieht im Wesentlichen vor, die
Auslandsexpansion abzuwickeln und die Firma wieder in das auf den deutschen
Agrarmarkt konzentrierte Unternehmen zu verwandeln, das sie früher war. Bereits
verkauft sind zwei wesentliche Auslandsbeteiligungen.
Erbe der Vergangenheit
Dass Firmenbeteiligungen in der Baywa-Bilanz vorher offenbar sehr hoch
bewertet wurden, ist nach Einschätzung von Sanierungsberatern ein Erbe der
Amtszeit des früheren Vorstandschefs und zeitweiligen Aufsichtsratsvorsitzenden
Klaus Josef Lutz, des Präsidenten des Bayerischen Industrie- und
Handelskammertags. Das verlautete aus dem Umfeld des Unternehmens.
Die Baywa hatte unter Lutz' Ägide im vergangenen Jahrzehnt einen
internationalen Expansionskurs eingeschlagen, finanziert auf Kredit.
Hauptgeschäft des Konzerns ist der Agrarhandel.
Ein Pfeiler der Strategie war die Gründung der Ökostromtochter Baywa r.e.,
die selbst in große Schwierigkeiten geraten ist. Der zweite Pfeiler der
Expansion war der Kauf von Auslandstöchtern.
Drückende Milliardenschulden
Im Jahr 2023 summierten sich die lang- und kurzfristigen Finanzschulden
schließlich auf gut fünf Milliarden Euro. Das Ende der Nullzinsphase 2022 führte
dann dazu, dass sich die jährlichen Zinszahlungen der Baywa an ihre
Gläubigerbanken innerhalb kurzer Zeit verdreifachten und die Erträge auffraßen.
Die Schuldenlast hat sich nach früheren Angaben des Vorstands mit den Verkäufen
der beiden Auslandstöchter bereits um mehr als eine Milliarde Euro reduziert.
Kritik am Aufsichtsrat
In der deutschen Landwirtschaft ist die Krise der Baywa schon seit den
ersten Meldungen über den Sanierungsbedarf vor einem Jahr großes Gesprächsthema.
Die Folgeschäden an Reputationsverlust treffen keineswegs nur das Unternehmen
selbst oder dessen frühere Leitung, sondern auch den Baywa-Aufsichtsrat, zu
dessen Mitgliedern Bauernpräsident Joachim Rukwied zählt. "Bei den
astronomischen Summen ist es kaum vorstellbar, dass diese Krise nicht absehbar
gewesen sein soll", kritisierte die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche
Landwirtschaft (AbL) nach Veröffentlichung des Milliardenverlusts die
Unternehmenskontrolleure./cho/DP/jha