dpa-AFX: ROUNDUP/Bayer: Oberstes US-Gericht setzt bei Glyphosat auf Regierungsmeinung
LEVERKUSEN/WASHINGTON (dpa-AFX) - Bayer muss sich mit Blick
auf eine wegweisende Entscheidung des obersten US-Gerichts in den
Rechtsstreitigkeiten um den Unkrautvernichter Glyphosat gedulden. Der Supreme
Court habe den "Solicitor General" am Montag um eine Stellungnahme der
US-Regierung zum Fall Durnell gebeten, teilte der Agrarchemie- und Pharmakonzern
mit. Damit wollen die Richter die Meinung der US-Regierung einholen. Nach der
Stellungnahme des "Solicitor General" werde das oberste US-Gericht in der
Sitzungsperiode 2025/26 über die Annahme des Falls entscheiden. Ein Urteil
könnte dann bis zum Ende der Periode im Juni 2026 fallen. An der Börse ging es
für den Bayer-Aktienkurs nach unten.
Der Dax-Konzern hatte eine Entscheidung über die Annahme des
Falls durch die Richter zuletzt noch im Juni 2025 für möglich gehalten, aber
auch auf die Zeit ab Herbst verwiesen. Nun werden die Richter zunächst die
Meinung des "Solicitor General" abwarten. Dieser bekleidet einen der Top-Posten
im US-Justizministerium. Er ist so etwas wie der oberste Anwalt der USA und
vertritt die Regierung unter anderem vor dem obersten US-Gericht.
Der Ruf der Richter nach der Meinung der US-Regierung weckt bei Bayers
Aktionären schlechte Erinnerung. Der Konzern hatte sich mit einem anderen Fall
schon einmal an den Supreme Court gewandt, der dann ebenfalls den "Solicitor
General" anrief. 2022 hatte die US-Regierung sich dann aber gegen Bayer gestellt
und von der Annahme des Falls abgeraten.
Im April 2025 wandte sich Bayer nun in der Hoffnung auf ein Grundsatzurteil
abermals an das oberste Gericht des Landes gewandt und beantragte eine
Überprüfung des Falls "Durnell". Hintergrund sind widersprüchliche Urteile von
Bundesberufungsgerichten im Streit um angebliche Krebsrisiken durch
glyphosathaltige Unkrautvernichter.
Dabei steht die grundsätzliche Frage im Raum, ob das US-Bundesrecht zu
Warnhinweisen beim Verkauf von Unkrautvernichtern über dem Recht von
Bundesstaaten steht. Denn aus Sicht der US-Umweltbehörde EPA birgt Glyphosat
keine Gesundheitsrisiken, wenn es entsprechend der Vorschriften angewendet wird.
Die EPA hatte das Produktlabel entsprechend ohne Warnung genehmigt.
Alles in allem bleibt nun vorerst die Unsicherheit, ob Bayer sich überhaupt
Hoffnung auf ein wegweisendes Grundsatzurteil machen kann. Die zuletzt deutlich
erholten Bayer-Aktien gerieten nach den Neuigkeiten von diesem Montag unter
Druck und verloren zuletzt rund 5 Prozent auf 25,65 Euro.
Die Erholungsgewinne seit dem Mehrjahrestief im April summieren sich
gleichwohl immer noch auf rund 40 Prozent. Langfristig bleibt das Bild aber
trüb: Vor der ersten Niederlage in einem Glyphosat-Prozess im Sommer 2018 hatten
die Aktien noch gut 93 Euro gekostet. Die Niederlage löste eine Klagewelle aus.
Die Probleme rund um den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup hatte
Bayer sich im selben Jahr mit der über 60 Milliarden Dollar teuren Übernahme des
US-Agrarchemiekonzerns Monsanto ins Haus geholt. Derzeit ist Bayer an der Börse
nur noch rund 25 Milliarden Euro (29,3 Mrd Dollar) wert./mis/stw