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dpa-AFX: ROUNDUP: Mietpreisbremse gegen Preissprünge bis 2029 verlängert

BERLIN (dpa-AFX) - Die Mietpreisbremse, die Mieterinnen und Mieter in
angespannten Wohnungslagen vor Preissprüngen schützt, wird bis Ende 2029
verlängert. Das hat der Bundestag in Berlin mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und
Grünen beschlossen. Die AfD stimmte dagegen. Die Linke enthielt sich.

Der Eigentümerverband Haus und Grund lehnt die Bremse als überflüssig ab.
Der Deutsche Mieterbund ist zwar grundsätzlich erfreut, erwartet nun aber, dass
die schwarz-rote Bundesregierung die zahlreichen Ausnahmeregelungen ins Visier
nimmt.

Was die Bremse besagt

Die Mietpreisbremse gilt in Gegenden, die die jeweilige Landesregierung als
Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt bestimmt. Bei Neuvermietung einer Wohnung
darf die Miete dort zu Mietbeginn höchstens um zehn Prozent über der
ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Dies ist die Durchschnittsmiete für
vergleichbare Wohnungen, die zum Beispiel in Mietspiegeln zu finden ist.

Von der Bremse ausgenommen sind unter anderem neu gebaute Wohnungen, die
nach Oktober 2014 erstmals vermietet wurden - und auch Wohnungen, die nach einer
umfassenden Modernisierung zum ersten Mal wieder vermietet werden.

Eigentümerverband hält Bremse für unnötig

Der Eigentümerverband Haus und Grund hält die Bremse für überflüssig.
"Überteuert sind Wohnungen vor allem auf Online-Vermittlungsportalen, wo aber
nur ein Bruchteil der Wohnungen vermittelt wird", sagte Präsident Kai Warnecke
der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Das ist vor allem ein Problem für
Leute, die sich in einer Stadt nicht auskennen. Wer dort zu Hause ist, findet
Wohnungen über Freunde und Bekannte oder wendet sich direkt an
Wohnungsunternehmen."

Für die meisten Menschen seien nicht die Kaltmieten das Problem, sondern
hohe Nebenkosten für Gas, Öl und Strom, erklärte Warnecke. Die Regelung hält er
sogar für kontraproduktiv: "Die Mietpreisbremse nutzt auch den Mietern nicht,
sondern sorgt dafür, dass es weniger und schlechteren Wohnraum gibt. Vermietern
fehlt Geld für die energetische Sanierung." Sozial gerecht sei das auch nicht.

Union nicht begeistert, SPD hätte sich mehr gewünscht

Ähnlich argumentierte in der Debatte Jan-Marco Luzcak von der CDU: "Der
Chefarzt profitiert von der Mietpreisbremse genauso wie die Krankenschwester."
Die Regelung könne allenfalls ein Instrument für den Übergang sein. Vertreter
der Union warnten auch davor, durch Verschärfungen der Planungssicherheit für
Vermieter und Investoren zu schaden.

Der AfD-Abgeordnete Rainer Galla erinnerte daran, dass das Angebot an
Wohnungen durch die Bremse nicht steigt. "Nicht eine einzige Wohnung wurde durch
die Mietpreisbremse geschaffen, eher das Gegenteil." Der SPD-Abgeordnete Hakan
Demir räumte hingegen ein, die Bremse verhindere Preisanstiege nur moderat.
Seine Fraktion hätte sich mehr gewünscht.

Mieterbund begrüßt Verlängerung

Der Deutsche Mieterbund (DMB) sieht das ganz anders. "Menschen, die in
Großstädten Wohnungen suchen, verzweifeln", sagte DMB-Präsident Lukas
Siebenkotten der dpa. "Solange die Lage auf dem Wohnungsmarkt so ist, wie sie
ist, brauchen wir die Mietpreisbremse. Es ist gut, dass diese jetzt verlängert
wird. Denn die Länder brauchen Zeit, ihre entsprechenden Verordnungen zu
erlassen."

Zahlreiche Ausnahmeregelungen

"Wir brauchen aber unbedingt Verschärfungen", verlangte Siebenkotten. Wenn
es nach ihm ginge, würden alle Ausnahmen von der Bremse gestrichen außer jene
für Neubauten. Hier würde er aber für eine kürzere Frist plädieren. Derzeit
gelten alle Wohnungen als Neubauten im Sinne der Bremse, die erstmals nach dem
1. Oktober 2014 vermietet wurden - aus seiner Sicht eine viel zu lange Spanne.
"Das sind über zehn Jahre. Das Datum müsste geändert werden etwa auf 2023",
sagte er zum Auftakt des Deutschen Mietertags in Rostock-Warnemünde.

"Wir brauchen wirksame Bußgelder für schwarze Schafe", fordert Siebenkotten.
"Derzeit haben Vermieter bei Verstößen gegen die Mietpreisbremse nichts zu
verlieren, weil sie maximal die zu viel verlangte Miete zurückzahlen müssen."
Für die Anwendung einer Bußgeld-Regelung aus dem Wirtschaftsstrafrecht gälten
viel zu hohe Hürden. Auf der anderen Seite trauten sich viele Mieter gar nicht,
Widerspruch einzulegen, weil sie Ärger mit ihrem Vermieter fürchteten.

Mieterbund: Mangelnde Transparenz bei möblierten Wohnungen

"Möblierte Wohnungen sind ein Riesenproblem", so Siebenkotten. Auch für
diese greife je nach Gebiet zwar die Mietpreisbremse, allerdings beziehe sich
die nur auf die Grundmiete. Da im Mietvertrag aber nicht ausgewiesen werden
müsse, welcher Teil der Miete auf diese entfalle und welcher Teil auf den
Zuschlag für die Möbel, könnten Mieter nicht nachvollziehen, ob es einen Verstoß
gegen die Bremse gebe. "Wir fordern, dass Grundmiete und Zuschlag für Möbel
gesondert ausgewiesen werden müssen."

Wenn eine Modernisierung ungefähr ein Drittel so viel koste wie ein Neubau,
dann sei die Wohnung auch von der Mietpreisbremse ausgenommen. "Das sieht man im
großen Stil bei Wohnungsbauunternehmen: Wohnungen werden saniert und danach zu
immensen Preisen wieder vermietet", sagte Siebenkotten.

Ein großes Problem aus Sicht des Mieterbunds: Hat ein Vormieter bereits mehr
gezahlt als von der Mietpreisbremse zugelassen, könne der Vermieter das auch von
seinem Nachfolger verlangen. "Wer also vor Inkrafttreten der Mietpreisbremse
bereits mehr, als nach Mietpreisbremse zulässig wäre, gefordert hat, der ist
fein raus", merkte Siebenkotten an.

Mieten steigen in Großstädten

Das Wohnen zur Miete wird nach einer Auswertung des Bauministeriums trotz
der Mietpreisbremse immer teurer. Demnach sind die Angebotsmieten in den 14
größten kreisfreien Städten seit 2015 durchschnittlich um fast 50 Prozent
gestiegen. Am stärksten betroffen ist demnach Berlin, wo die Neumieten mehr als
verdoppelt wurden.

Die Zahlen stammen vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
(BBSR). Sie spiegeln das Angebot wider, auf das Wohnungssuchende treffen, wenn
sie im Internet nach einer Mietwohnung mit einer Wohnfläche von 40 bis 100
Quadratmetern suchen. Nicht berücksichtigt sind Aushänge, Wartelisten und die
direkte Maklervermittlung. Das könne die Daten verzerren, warnte das
Ministerium.

Die Linken-Abgeordnete Caren Lay warnte: "Die Mietpreisbremse bremst nicht,
es ist ein Etikettenschwindel." Viele hätten zudem Angst, ihre Vermieter zu
verklagen. Hanna Steinmüller von den Grünen verlangte von der Koalition: "Tun
Sie was! Die reine Verlängerung, sie reicht nicht."

Was die Bundesregierung noch plant

Mit der Verlängerung der Mietpreisbremse soll es nicht getan sein. Bis Ende
kommenden Jahres soll eine Expertengruppe weitere Vorschläge zum Mietrecht
erarbeiten, unter anderem auch zu Bußgeldern bei Verstößen gegen die
Mietpreisbremse. Eine größere Regulierung ist laut Koalitionsvertrag in
angespannten Wohnungsmärkten geplant für Indexmieten, die im Einklang mit den
Verbraucherpreisen steigen, sowie für möblierte und Kurzzeitvermietungen.
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) kündigte an, schnell weitere
Vorhaben auf den Weg zu bringen./hrz/DP/stw

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