dpa-AFX: ROUNDUP: Bankkunden sollen mehr Rechte beim Dispo bekommen
BERLIN (dpa-AFX) - Wer sein Konto übermäßig überzieht, soll künftig besser
vor einer Zwangsvollstreckung geschützt werden. Das sieht ein am Montag
veröffentlichter Entwurf des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz
vor. Danach soll der Dispo von der Bank nicht mehr mit unmittelbarer Wirkung
gekündigt werden können, sondern mit einer Kündigungsfrist von mindestens zwei
Monaten. Der Kreditgeber muss außerdem, bevor er zur Eintreibung seiner
Forderung die Zwangsvollstreckung einleitet, anbieten, den in Anspruch
genommenen Betrag in zwölf gleichen Monatsraten zum vereinbarten Zinssatz
zurückzuzahlen.
Keine Festlegung zur Höhe von Dispozinsen
Der Dispokredit bietet zwar kurzfristige finanzielle Flexibilität, gehört
aber mit seinen vergleichsweise hohen Zinsen zu den teuersten Kreditformen. CDU,
CSU und SPD wollen laut Koalitionsvertrag prüfen, "ob zur Durchsetzung
angemessener marktüblicher Entgelte Kostendeckel für Basiskontenentgelte und
Dispozinsen erforderlich sind oder an der bisherigen Rechtslage festgehalten
werden sollte".
Davon ist in dem Entwurf von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD)
nicht die Rede. Aus dem Ministerium heißt es, es sei eine sorgfältige Prüfung
notwendig, um Überregulierung zu vermeiden. Denn diese könnte womöglich den
Zugang zu Dispokrediten einschränken. Da die EU-Verbraucherschutzrichtlinie bis
vom 20. November in nationales Recht umgesetzt werden müsse, wolle man dies
getrennt behandeln.
Übersichtliche Informationen für Verbraucher
Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass Vorschriften, die Verbraucher
schützen sollen, künftig auch für unentgeltliche Kredite und Darlehen unter 200
Euro gelten sollen sowie für sogenannte "Buy-now-pay-later"-Modelle, bei denen
der Kaufpreis erst zu einem späteren Zeitpunkt vom Konto abgebucht wird. Damit
Anbieter und Käufer nicht überfordert werden, ist hier ein übersichtliches
knappes Informationsblatt mit allen wichtigen Informationen vorgesehen.
Aus Sicht der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) ist das ein guter
Schritt. "Ein riesengroßes Problem ist die Überschuldung, gerade junger
Menschen", berichtet Dorothea Mohn, Leiterin des Finanzmarkt-Teams beim VZBV.
Keine Gesundheitsdaten für Kredit-Prüfung
Um Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor Überschuldung zu schützen,
sind zudem neue Vorgaben für die Prüfung der Kreditwürdigkeit vorgesehen. Auch
dass Informationen aus sozialen Netzwerken sowie besonders sensible Daten - etwa
Gesundheitsdaten - in solche Prüfungen nicht einbezogen werden dürfen, sieht der
Entwurf vor.
"Unser Ziel ist klar: Mehr Schutz für Verbraucherinnen und Verbraucher bei
Kreditverträgen - ohne vermeidbaren bürokratischen Ballast", sagt Hubig. Denn
schnell abgeschlossene Kreditverträge könnten im Einzelfall ein Risiko
darstellen - "schlimmstenfalls führen solche Verträge in die Schuldenfalle".
Verbraucherzentrale: Kein Kredit ohne Unterschrift
Dass für den Abschluss von Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen und
sonstigen Finanzierungshilfen zukünftig die Textform genügen soll, ist aus Sicht
des Justizministeriums ein Beitrag zum Abbau unnötiger bürokratischer Hürden.
Der Verbraucherzentralen-Bundesverband sieht das anders. Die Schriftform, die
eine Unterschrift des Verbrauchers verlange, schütze vor übereilten
Entscheidungen und sollte daher als Voraussetzung für eine Kreditvergabe
beibehalten werden, sagte Mohn. Denn "schnelle Klicks und Einwilligungen"
könnten binnen kurzer Zeit zu einer nicht mehr zu bewältigenden Schuldenmenge
führen./abc/DP/mis