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dpa-AFX: ROUNDUP 5/Trump beschwichtigt: Lage in Kalifornien unter Kontrolle

(aktualisierte Fassung)

LOS ANGELES/WASHINGTON (dpa-AFX) - Im Streit um den Einsatz der
Nationalgarde in Kalifornien signalisiert US-Präsident Donald Trump ein
mögliches Einlenken. "Die Menschen in Los Angeles und Kalifornien haben Glück,
dass wir das getan haben, was wir getan haben. Wir haben uns gerade noch
rechtzeitig eingemischt. Es köchelt immer noch ein bisschen, aber nicht sehr
stark", sagte er bei einem Auftritt im Weißen Haus über die Proteste gegen seine
Einwanderungspolitik. Bei diesen Demonstrationen habe es sich nicht um einen
Aufstand gehandelt
- aber ohne sein Eingreifen, hätte es einer werden können, behauptete
der Republikaner. Er wolle keinen "Bürgerkrieg", betonte er auf Nachfrage.

In den USA wird befürchtet, dass Trump noch einen Schritt weiter gehen und
eine Art Kriegsrecht verhängen könnte, indem er ein als "Insurrection Act"
bekanntes Gesetz anwendet. Damit könnte er das reguläre Militär im Inland
einsetzen. Von dieser Idee schien Trump nun vorerst Abstand zu nehmen - ohne
dies jedoch so klar zu sagen. Auch den Einsatz der rund 500 bereitstehenden
Marineinfanteristen der regulären Streitkräfte schloss er nicht explizit aus -
sagte aber, er gehe davon aus, dass man die Lage in Los Angeles gut unter
Kontrolle habe.

Gleichzeitig hielt Trump an seiner Kritik an dem kalifornischen Gouverneur
Gavin Newsom fest. Er äußerte er sich zunächst zustimmend zu der Idee, Newsom
festnehmen zu lassen - milderte seine Rhetorik aber später etwas ab. Der
Demokrat sei "grob inkompetent", betonte Trump. "Er ist auf seine Art
wahrscheinlich froh, dass ich mich einmische." Er habe sich zwar immer gut mit
ihm verstanden, sagte der Republikaner. Aber Newsom mache einen "schrecklichen
Job".

Kalifornien reicht Klage ein

Gouverneur Newsom und Generalstaatsanwalt Rob Bonta reichten unterdessen
Klage gegen Trump, das Verteidigungsministerium und Minister Pete Hegseth ein.
Sie werfen der Bundesregierung vor, rechtswidrig und ohne Zustimmung des
Bundesstaats die Kontrolle über die kalifornische Nationalgarde übernommen zu
haben. Newsom habe dem Einsatz ausdrücklich widersprochen und Hegseth in einem
Brief um die Rücknahme der Truppen gebeten - dieses Gesuch sei ignoriert worden,
sagte Bonta.

Im Normalfall haben die Bundesstaaten die Kontrolle über diese militärische
Reserveeinheit, die Teil der US-Streitkräfte ist. Jeder Bundesstaat hat seine
eigene Garde, die bei Waldbränden, Wirbelstürmen, Überflutungen oder Unruhen im
Inneren eingesetzt werden kann. Sie steht dann unter dem Befehl des jeweiligen
Gouverneurs. Kommt es zum Krieg oder zu nationalen Notfällen, kann der
US-Präsident das Kommando übernehmen.

Der Klage zufolge lag eine solche Ausnahmesituation in Los Angeles jedoch
nicht vor. Vielmehr habe die Bundesregierung selbst mit unangekündigten Razzien
der Einwanderungsbehörde ICE und der Entsendung von Truppen zur Eskalation
beigetragen. Bonta warf Trump vor, aus politischen Beweggründen Chaos zu
provozieren. "Das ist ein Machtmissbrauch, den wir nicht auf die leichte
Schulter nehmen", schrieb Kaliforniens oberster Jurist bei X.

Bass widerspricht Darstellung Trumps

Ähnlich hatte sich zuvor auch Bürgermeisterin Bass geäußert. "Ich glaube
nicht, dass die Nationalgarde jetzt gebraucht wird", sagte sie dem Sender CNN.
Die Lage in Los Angeles sei derzeit ruhig. Zwar sei sie über das "Ausmaß des
Vandalismus in Form von Graffiti" traurig, doch dies betreffe nur wenige Straßen
im Zentrum. Es gebe keine flächendeckenden Unruhen. Straftaten müssten verfolgt
werden, es habe auch einige Festnahmen gegeben - ein Militäreinsatz sei dafür
jedoch nicht nötig.

Trump hatte seine Entscheidung, die Nationalgarde zu mobilisieren, auf Truth
Social als "hervorragend" bezeichnet. Newsom und Bass warf er vor, die Lage zu
verharmlosen und die Bevölkerung über angeblich "friedliche Proteste" zu
täuschen. Ohne das Eingreifen der Truppen, so Trump, wäre Los Angeles
"vollständig zerstört" worden.

Debatte um Festnahme von Newsom und Bass

Auf Nachfrage von Reportern hatte sich der US-Präsident zunächst auch
zustimmend zu der Idee geäußert, Newsom festnehmen zu lassen. "Ich würde es tun,
wenn ich Tom wäre (...) es wäre eine großartige Sache", sagte der Republikaner
auf Nachfrage von Reportern zu Aussagen von Tom Homan, der die Oberaufsicht über
Trumps Abschiebepolitik hat.

Homan hatte beim Sender NBC eine mögliche Festnahme von Newsom und Bass
nicht ausgeschlossen, sollten sie die US-Regierung behindern. Später bezeichnete
er die Darstellung des Senders aber als falsch und die Debatte über eine
Festnahme Newsoms als "einfach lächerlich". Es werde nicht aktiv erwogen, Newsom
festzunehmen, stellte Homan beim Sender Fox News klar. Er habe allgemein
erklärt, dass niemand über dem Gesetz stehe - auch nicht Newsom oder Bass -,
sollte es zu strafbarem Verhalten kommen.

Höchst ungewöhnliche Machtdemonstration

Verstärkte Einsätze der US-Einwanderungsbehörde ICE hatten Ende vergangener
Woche im Raum Los Angeles erste Proteste ausgelöst. Nach Angaben der Behörden
wurden bei den Razzien Dutzende Menschen festgenommen - darunter auch
Minderjährige. Kritiker werfen der Bundesregierung vor, mit martialisch
anmutenden Maßnahmen gezielt Angst zu schüren. Die Proteste richteten sich gegen
Trumps harte Einwanderungspolitik und den Einsatz von ICE-Einheiten in zivilen
Wohngebieten.

Als Reaktion auf die Demonstrationen ließ Trump am Samstagabend (Ortszeit)
mindestens 2.000 Soldaten der Nationalgarde mobilisieren. Etwa 300 Soldaten der
Nationalgarde - einige in Kampfmontur und mit automatischen Waffen - bezogen
daraufhin Stellung, um Gebäude des Bundes vor Protesten und Vandalismus zu
schützen. Der Einsatz der Nationalgarde ohne Zustimmung des Gouverneurs gilt als
äußerst ungewöhnlich: Seit 1965 hatte kein US-Präsident mehr eine solche
Maßnahme ergriffen.

Nach Einschätzung mehrerer US-Medien bleibt die Lage in Los Angeles trotz
zeitweiliger Beruhigung weiterhin angespannt. Auch in anderen US-Städten gab es
demnach kleinere Proteste./gei/DP/he

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