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dpa-AFX: WDH/ROUNDUP 2: Trump will günstigere Medikamente für USA - Druck auf Europa

(Im 9. Absatz wurde ein überflüssiger Buchstabe entfernt ("Dekret" statt
"Dekrets"). Zudem wurde die Beschreibung der Preisregelung angepasst, um den
Inhalt des Dekrets präziser wiederzugeben.)

WASHINGTON (dpa-AFX) - Mit Druck auf Pharmakonzerne und ausländische
Regierungen will US-Präsident Donald Trump die hohen Arzneimittelpreise in den
Vereinigten Staaten senken. Besonders im Visier: Europa. "Wir subventionieren
die Gesundheitsversorgung anderer", sagte der Republikaner bei der
Unterzeichnung eines entsprechenden Dekrets im Weißen Haus. Die Menschen in den
USA hätten jahrelang viel zu viel gezahlt.

Ob Trumps Maßnahmen tatsächlich Wirkung zeigen, ist offen - zumal mit
politischem und juristischem Widerstand zu rechnen ist. Der Republikaner hatte
bereits während seiner ersten Amtszeit versucht, die hohen Preise anzugehen, war
damals jedoch gescheitert.

Trump nennt Europa "unverschämter als China"

"Ich mache den Pharmakonzernen nicht die größten Vorwürfe", sagte Trump nun.
Die Unternehmen seien oft gezwungen, sich unter Druck zu beugen. Besonders
scharf griff er stattdessen europäische Staaten an. Amerikanische Patienten
hätten "sozialistische Gesundheitssysteme" wie das in Deutschland mitfinanziert.
Der Europäische Union warf Trump vor, sich in Preisverhandlungen "unverschämter
als China" zu verhalten. Europa müsse künftig tiefer in die Tasche greifen: "Der
Rest der Welt wird mehr zahlen müssen", sagte er. "Und Amerika wird viel weniger
zahlen."

Trump beruft sich in seinem Dekret auf das Prinzip der "Most Favored
Nation", das er schon während seiner ersten Amtszeit einführen wollte: Die USA
sollen für bestimmte Medikamente künftig nicht mehr zahlen als das Land, das den
weltweit niedrigsten Preis verlangt - unabhängig von Marktgröße oder
Wirtschaftskraft. "Dieses Spiel ist vorbei", sagte Trump mit Blick auf Länder,
die seiner Ansicht nach bislang auf Kosten der USA von günstigen Konditionen
profitiert hätten.

Pharmabranche unter Druck - Folgen für Patienten?

Die Ankündigung des US-Präsidenten setzt die Pharmabranche unter Druck. "Die
USA sind der wichtigste Markt für innovative Arzneimittel", sagt Han Steutel,
Präsident des Verbands forscher Arzneimittelhersteller (VFA). "Ohne die Erlöse
in den Vereinigten Staaten wären Forschung und Entwicklung, wären neue Therapien
auch für europäische Patientinnen und Patienten vielfach nicht denkbar. Was
jetzt in den USA entschieden wurde, hat Folgen für die ganze Welt."

Mit einer internationalen Referenzierung auf den jeweils niedrigsten Preis
ließen sich Forschungskosten nicht bezahlen und Markteinführungen könnten
zunehmend infrage gestellt werden, so Steutel. Nötig sei nun einer starker,
gemeinsamer EU-Markt mit einer abgestimmten Arzneimittelpolitik.

Auch die Beratungsgesellschaft Simon-Kucher erwartet weitreichende
Auswirkungen auf die globale Pharmaindustrie und deutsche Unternehmen. "Eine
sinkende Ertragslage gefährdet die Mittel für Forschung, Produktion und
Arbeitsplätze auch an deutschen Standorten", heißt es in einer Studie.

Mit einem Umsatzrückgang in den USA steige zudem der Druck für Unternehmen,
höhere Preise in anderen Industrienationen wie Deutschland zu erzielen. Ferner
könnten Pharmafirmen den Markteintritt in Deutschland oder Europa verzögern oder
gar nicht erst vornehmen, um niedrige Preisreferenzen zu vermeiden und somit den
Preis in den USA zu schützen, so Simon-Kucher.

Trump aktiviert mehrere Behörden

Für die Umsetzung von Trumps Dekret sollen mehrere US-Behörden aktiv werden.
So soll das Handelsministerium gegen Preispolitiken im Ausland vorgehen, die aus
amerikanischer Sicht als unfair gelten - etwa staatlich festgelegte
Höchstpreise, die US-Unternehmen benachteiligen. Das Gesundheitsministerium soll
- wo möglich - Direktverkäufe von Medikamenten an US-Verbraucher zu niedrigeren
Preisen ermöglichen. Die Arzneimittelbehörde FDA soll außerdem prüfen, ob
künftig Importe aus zusätzlichen Industrieländern erlaubt werden können. Auch
Exportbeschränkungen stehen laut Weißem Haus zur Diskussion.

Innerhalb von 30 Tagen soll das Gesundheitsministerium konkrete Ziele für
Preissenkungen festlegen. Auf dieser Grundlage will die Regierung mit der
Pharmaindustrie verhandeln. Sollte die Industrie nicht freiwillig auf die
Regierung zugehen und die Preise senken, seien weitere Maßnahmen geplant.

Im Mittelpunkt sollen vor allem Arzneimittel stehen, bei denen die
Preisunterschiede zwischen dem US-Markt und dem Ausland besonders groß sind.
Konkrete Medikamente oder Produktgruppen wurden zunächst nicht genannt. Eine
Einschränkung auf bestimmte Medikamentengruppen ist laut Regierungsangaben aber
nicht vorgesehen.

Eine Lobby mit Einfluss - parteiübergreifend

Trump warf der Pharmabranche zu großen politischen Einfluss vor. Die Lobby
sei "wahrscheinlich die mächtigste der Welt", sagte er und behauptete, die
gegnerischen Demokraten hätten die Industrie über Jahre geschützt.

Tatsächlich zählt die Branche zu den einflussreichsten in Washington. Mit
gezielten Spenden - an Demokraten und Republikaner - verschaffen sich
Pharmaunternehmen Gehör in der Gesetzgebung. Reformversuche zur Senkung von
Medikamentenpreisen stoßen wohl auch deshalb parteiübergreifend immer wieder auf
Widerstand - häufig unter Verweis auf mögliche Folgen für Forschung und
Innovation.

Die Kosten für Medikamente sind in den USA ein Dauerthema. Anders als in
vielen anderen Industrieländern gibt es dort keine zentrale staatliche
Preisregulierung. Die Preisgestaltung liegt weitgehend in der Hand der
Pharmaunternehmen. Das führt zu oft erheblich höheren Kosten als etwa in Europa.
In Deutschland greifen verschiedene Formen staatlicher Kontrolle./gei/als/DP/he

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