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dpa-AFX: GESAMT-ROUNDUP/Feuerpause im Zollstreit: EU- und US-Abgaben vorerst auf Eis

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Teile des Welthandels bekommen voraussichtlich eine
Atempause von 90 Tagen: Sowohl die USA als auch die EU setzen einige Sonderzölle
vorerst nicht in Kraft. In einer kurzen Stellungnahme kündigte
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an, erst tags zuvor beschlossene
Gegenmaßnahmen für knapp drei Monate auf Eis zu legen.

Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump nach großen Turbulenzen an den Aktien-
und Finanzmärkten überraschend entschieden, vielen Staaten 90 Tage lang eine
Pause von bestimmten Zöllen zu gewähren. Dabei geht es um Strafabgaben, die sich
am Handelsdefizit der jeweiligen Länder orientieren - ausgenommen ist China.

Verhandlungen eine Chance geben

Von der Leyen teilte mit: "Wir haben die Ankündigung von Präsident Trump zur
Kenntnis genommen. Wir wollen Verhandlungen eine Chance geben." Die
EU-Gegenmaßnahmen seien von den Mitgliedstaaten nachdrücklich unterstützt
worden, sollen aber für 90 Tage ausgesetzt werden. Eigentlich hätten erste
Maßnahmen kommende Woche angewendet werden sollen.

Von der Leyen betonte: "Wenn die Verhandlungen nicht zufriedenstellend
verlaufen, werden unsere Gegenmaßnahmen in Kraft treten." Zudem liefen
Vorbereitungsarbeiten für weitere Gegenmaßnahmen. Alle Optionen lägen auf dem
Tisch.

Wenig klare Antworten auf Nachfragen

Auf Nachfragen von Journalistinnen und Journalisten zur Erfolgsaussicht von
Verhandlungen mit den Amerikanern blieb die EU-Kommission vage. "Wir werden an
dieser Stelle keine näheren Angaben darüber machen, was wir den Amerikanern
sagen oder nicht sagen", betonte ein Sprecher der Behörde. Die EU-Kommission ist
dafür zuständig, die Verhandlungen in Handelsfragen für die Staatengemeinschaft
zu führen.

Der Kontakt zur US-Seite sei im Gange, so die Kommission. Derzeit seien zwar
keine persönlichen Treffen vorgesehen, "aber das kann sich kurzfristig ändern",
sagte der Sprecher. Auf die Frage, ob es Signale der Amerikaner gebe, die auf
eine Verhandlungslösung hindeuteten, gab es keine Antwort.

Abgaben auf Jeans, Motorräder und Lebensmittel aus den USA

Die EU-Staaten hatten eigentlich am Mittwoch den Weg für erste Gegenzölle
zwischen 10 und 25 Prozent als Reaktion auf die von Trump angeordneten Zölle
freigemacht. Ab Mitte April sollten unter anderem Sonderabgaben für Jeans und
Motorräder aus den USA greifen.

Weitere Gegenzölle sollten Mitte Mai und Ende des Jahres erhoben werden -
was unter anderem Lebensmittel wie Rindfleisch, Geflügel und Zitrusfrüchte wie
Orangen und Grapefruits betroffen hätte.

Diese EU-Maßnahmen sind eine Reaktion auf bereits in Kraft getretene
US-Zölle auf Stahl- und Aluminium, die - nach allem was bekannt ist - auch
weiterhin bestehen bleiben. Die EU hat sie eigenen Angaben zufolge trotzdem
zurückgenommen, weil sie sich davon ein 90-tägiges Verhandlungsfenster erhofft.

Auch Sonderabgaben auf Autos - unabhängig davon, aus welchem Land sie kommen
- sind wohl weiter in Kraft. Allerdings lieferte die US-Regierung nur spärliche
Informationen zu Trumps unerwarteter Kehrtwende und stiftete mit ihrer
Kommunikationspolitik einige Verwirrung.

Dax deutlich im Plus

Als Reaktion auf die US-Entscheidung hat der deutsche Aktienmarkt am
Donnerstagmorgen bis zum Mittag kräftig zugelegt. Zuvor hatten schon die
Aktienbörsen an der New Yorker Wall Street und in Ostasien zur Aufholjagd
angesetzt.

Das deutsche Börsenbarometer Dax lag am Mittag bei 20.670 Punkten - 1.000
Punkte oder fünf Prozent höher als zum Vortagesschluss. Zum Handelsauftakt hatte
das Plus sogar gut acht Prozent betragen, dann bröckelten die Kurse wieder etwas
ab, stabilisierten sich jedoch über den frühen Nachmittag.

Eskalation mit China

Dabei geht Trump mit zusätzlicher Härte gegen China vor und erhöht die
Abgaben auf chinesische Einfuhren weiter. Damit spitzt sich der Handelskonflikt
zwischen den beiden größten Volkswirtschaften dramatisch zu. Während Trump
anderen Ländern eine zumindest teilweise Atempause bescherte, erhöhte er den
Zollsatz auf Einfuhren aus China mit sofortiger Wirkung noch einmal - von 104
auf 125 Prozent.

Als Antwort auf eine vorherige US-Zollerhöhung in Höhe von 50 Prozent hat
Peking am Donnerstag Gegenzölle im gleichen Umfang in Kraft gesetzt - die
Sonderzölle auf alle US-Einfuhren betragen damit 84 Prozent. Offen ist bislang,
ob Peking seinerseits mit einer weiteren Zoll-Steigerung auf Trumps jüngsten
Vorstoß reagiert.

Die Pekinger Filmaufsichtsbehörde teilte nach der jüngsten Eskalation mit,
man werde die Zahl der importierten US-Filme "moderat reduzieren", berichtete
der Staatssender CCTV. Die "unrechtmäßige" Verhängung von Zöllen durch die
US-Regierung gegenüber China werde "unweigerlich die Beliebtheit amerikanischer
Filme beim heimischen Publikum weiter verringern", zitierte CCTV einen Sprecher
der Behörde. Stattdessen sollen vermehrt Filme aus aller Welt gezeigt
werden./axr/DP/ngu

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