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dpa-AFX: AKTIEN IM FOKUS 2: Riesiges Finanzpaket treibt Rüstungs- und Infrastrukturwerte

(neu: Mehr Details, mehr Aktien und aktuelle Kurse)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Verständigung von Union und SPD auf ein enormes
Finanzpaket für Rüstung und Infrastruktur hat am Mittwoch zahlreiche Aktien aus
diesen Branchen prozentual zweistellig nach oben katapultiert. Die gesamte Börse
profitierte: Dax , MDax und SDax
gewannen zwischen 3,3 Prozent und 5,8 Prozent.

Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse soll für Verteidigungsausgaben
gelockert und obendrein für Straßen, Brücken, Schienen und anderes im Bereich
Infrastruktur ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro geschaffen
werden. Am Markt wurde das Vorhaben unisono als "historische Entscheidung"
bezeichnet.

"Deutschland wird Hunderte Milliarden Euro für Investitionen in diese zwei
Bereiche freigeben, was ein drastischer Kurswechsel ist, da er die strenge
Kontrolle der Staatsverschuldung auf den Kopf stellt", kommentierte ein
Marktexperte. Auch Stephen Innes, Managing Partner beim Vermögensverwalter SPI
Asset Management, sprach von einem Wendepunkt. "Der Markt verliert keine Zeit
mit der Neubewertung", resümierte er die Kurssprünge an der deutschen Börse.

Im Dax stiegen Rheinmetall um 4,4 Prozent, wobei die Marke
von 1.200 Euro für die Aktie weiterhin eine Hürde bleibt. Airbus
gewannen 2,3 Prozent und die Papiere des Triebwerksbauers MTU
stiegen um 4,5 Prozent auf ein Rekordhoch von 353,50 Euro. Bei den Nebenwerten
ging es für Hensoldt um 9,5 Prozent hoch, während sich Renk
mit plus 8,6 Prozent dem am Vortag erreichten Rekordhoch wieder
annäherten.

Thyssenkrupp kletterten um 14 Prozent und erreichten
zeitweise den höchsten Stand seit Juni 2022. Dabei wurde die Aktie diesmal nicht
nur von der Marine-Tochter TKMS angetrieben, die von BofA-Analyst Jason
Fairclough als "verborgene Rüstungssparte" bezeichnet wird. Angesichts der
Infrastrukturpläne stand auch die Kernsparte Stahl des Industriekonzerns im
Fokus der Anleger.

Im Dax zogen Heidelberg Materials als Favorit um 14 Prozent
an und erreichten bei gut 163 Euro eine neue Bestmarke. Für Siemens Energy
ging es um 9,6 Prozent nach oben. Außerdem sprangen im MDax
Bilfinger als Spitzenwert um knapp 22 Prozent auf den höchsten
Stand seit elf Jahren. Hochtief legten um 14 Prozent zu.
Zeitweise waren sie bis auf ein Rekordhoch von knapp unter 180 Euro hoch
gesprungen.

Gefragt waren überdies aus dem SDax die Aktien des Bahntechnikunternehmens
Vossloh , die um rund 17 Prozent auf den höchsten Stand seit
Sommer 2017 stiegen. Prozentual zweistellig legten auch die Aktien von
Lagertechnik-Unternehmen wie Kion oder Jungheinrich
zu. Beide sind damit zurück auf dem Kursniveau im Sommer 2024.

Chefvolkswirt Jörg Krämer von der Commerzbank zeigte sich "erleichtert",
dass die künftigen Koalitionspartner die finanziellen Voraussetzungen dafür
schaffen wollten, die Bundeswehr wieder verteidigungsfähig zu machen. Der
faktische Rückzug der Amerikaner bedeute für die westeuropäischen Demokratien,
dass sie sich in Zukunft auch allein gegen ein imperialistisches Russland
verteidigen können müssten. "Richtig ist auch, viel Geld für die
heruntergewirtschaftete Infrastruktur bereitzustellen, die auch für viele
Unternehmen ein großes Problem ist."

Derweil rechnete JPMorgan-Analyst David Perry vor, dass in Deutschland 2025
ein Prozent von der Wirtschaftsleistung (BIP) ein Betrag von etwa 45 Milliarden
Euro für Rüstungsausgaben bedeute. Zwar sei noch unklar, wie hoch die deutschen
Verteidigungsausgaben in den kommenden Jahren sein werden, "aber es hat den
Anschein, dass es 3 Prozent oder mehr sein könnten, da Deutschland versucht,
seine militärische Leistungsfähigkeit nach 30 Jahren chronischer
Unterinvestition wieder aufzubauen".

Der alte Bundestag soll die Änderungen nächste Woche beschließen. Denn: Um
dafür die erforderliche Zweidrittelmehrheit zusammenzubekommen, muss die
Abstimmung darüber noch in der laufenden Legislaturperiode erfolgen - mit
zusätzlich einer breiten Unterstützung der Grünen oder der vollen Unterstützung
der FDP, wie Volkswirt Krämer sagte. Im neuen Bundestag nämlich könnten AfD und
Linke die Vorhaben blockieren. Der Commerzbank-Experte sieht aber nicht nur in
diesem Punkt eine gewisse Unsicherheit, er merkte inhaltlich zudem kritisch an,
dass die Schuldenbremse so "faktisch jede Bindungskraft verliert". Zudem bedeute
eine bessere Infrastruktur allein ebenfalls noch keinen Neustart in der
Wirtschaftspolitik.

Nach dem Eklat im Weißen Haus zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem
ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj gibt es derweil wieder Zeichen für
eine Annäherung. Trump begrüßte, dass sich der ukrainische Präsident in einem
Brief zu Friedensverhandlungen bereiterklärt habe, und auch Russland bezeichnete
Selenskyjs Bereitschaft für Friedensverhandlungen als positiv. Es bleibe aber
die Frage, mit wem Selenskyj verhandeln wolle, nachdem er Gespräche mit
Kremlchef Wladimir Putin per Dekret für unmöglich erklärt habe, sagte
Kremlsprecher Dmitri Peskow. Moskau verlangt eine Aufhebung des Verbots vom
September 2022./ck/tih/stk

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